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Stadt im Filmfieber: Mein Berlinale-Tagebuch

in der Queer Community gefeiert.  Es ist kein Film „über“, sondern mit einer  jungen Transfrau, als brasilianische Pop-Figur nennt sie sich Linn Da Quebrada. Sie hat gemeinsam mit der Regisseurin das Drehbuch geschrieben und war an der gesamten Entwicklung des Films beteiligt.

 

Die porträtierte Transfrau und Musikerin ist schwarz, aufgewachsen in den Favelos von Sao Paulo, sie tritt als Performerin auf und widmet ihr ganzes Leben dem Kampf gegen Rassismus, Transphobie und Machismus. Sie erzählt ihre Lebensgeschichte, zeigt ihren Alltag in allen Facetten, berichtet von ihrem Netzwerk mit Gleichgesinnten und Menschen mit ähnlicher sexueller Identität. Das ist eine Überlebensstrategie.

 

Wenn man bedenkt, dass dieser Film bislang noch nicht in Brasilien gezeigt wurde, weil allein der Filmtitel dazu führen könnte, dass es zu gewalttätigen Handlungen kommt, dann hat man eine Ahnung von der Situation von Transsexuellen  in Brasilien und wie viel Mut dazu gehört, so zu leben wie diese Transfrau. Ihr selbstbewusstes Auftreten im Film wie auch auf der Berlinale ist beeindruckend. Befremdlich und für mich nicht immer angenehm ist ihr Bedürfnis, die allerintimsten Körperzonen in Großaufnahmen zu zeigen. Ihr Körper ist für sie Kult und der Umgang damit politisches Bekenntnis zugleich.

 

Filmwechsel:  Der schwarzweiß-Film Fortuna ist harte Kost und hinterlässt einen ohne Hoffnung. Im Programmheft las sich das ganz anders: Vom Prinzip Hoffnung war da die Rede.  Davon ist in dem Film so gut wie nichts zu spüren. Zwar gibt es einen katholischen Priester, wunderbar gespielt von Bruno Ganz, der es mit der christlichen Nächstenliebe sehr ernst nimmt. Aber seine Haltung und sein Handeln allein reichen nicht aus, um auch nur einen Funktion Hoffnung zu haben für die 14jährige aus Afrika geflüchtete Fortuna. Die Fahrt übers Meer auf einemüberfüllten Schiff unten im stinkenden Maschinenraum ist für sie traumatisch. Ihre Eltern verliert sie bei der Flucht, vielleicht sind sie umgekommen, Genaues erfährt man nicht im Film. Fortuna strandet in der Schweiz, im Wallis, hoch oben auf einem Alpenpass an der italienischen Grenze. Hier oben werden sie und viele andere Flüchtlinge in einem Kloster untergebracht und versorgt. Mein Begleiter erkennt den Ort sofort wieder: In Realität ist dieses Kloster ein früheres Hospiz, das heute von Wanderern als Herberge genutzt wird.

 

Fortuna ist ganz alleine, vollkommen verschlossen, schwerst traumatisiert. Nicht durch die Flucht und den Verlust der Eltern. Sie ist schwanger von einem ebenfalls geflüchteten Mann, der war auch schon auf dem Schiff. Er schlägt sie, als sie im „beichtet“, dass sie schwanger ist. Bei einer Polizeidurchsuchung des Klosters verschwindet dieser Mann. Fortuna bleibt zurück mit ihrem Geheimnis. Versucht aus dem Kloster zu fliehen, wird von der Polizei eingefangen. Kommt zurück ins Kloster. Ihr Geheimnis kann sie nicht länger verbergen. Das Schlussbild: Fortuna steht draußen in der eisigen Kälte, macht ein Feuer. Eine beeindruckende Bergkulisse, schneebedeckt. Ob sie wirklich Mutter wird, bleibt offen.

 

Was erleben Kinder und Jugendliche, für die ja dieser Film auch gezeigt wird, wenn ich als Erwachsene schon Mühe habe, diesen Film, basierend auf einer wahren Geschichte, zu verdauen?

 

 

 

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